Der Brühl, einstiger Mode-Stadtteil, gammelt vor sich hin. Nun kommt die langersehnte städtische Initiative, ihn wiederzubeleben – unter Einsatz eines prominenten Bauplaners und –zig Millionen Euro Steuergeld!
Einen maroden Stadtteil zu retten ist schwer. Aber man muß das Rad nicht neu erfinden. Schauen wir Beispiele an wie zum Beispiel den Prenzlauer Berg in Berlin:
Stadtbelebungspläne, die ganze Regale füllen; milliardenschwere Investitionsprogramme; endlose Sitzungen unter der Schirmherrschaft des damaligen regierenden Bürgermeisters Momper; jahrelange zähe Verhandlungen mit Kneipenbetreibern, um diese dort anzusiedeln – aber das Ergebnis kann sich sehen lassen: Der Prenzlauer Berg ist ein schicker, angesehener Stadtteil. Alles Blödsinn.
Wie funktionierte es wirklich? Heruntergekommene Häuser wurden billig vermietet. Studenten und Kreative, aber nicht begüterte Leute wurden damit angelockt. Abgefahrene Kneipen und Kultur folgten – nicht geplant, sondern ganz „von selber“. Markt nennt man so etwas…
Die Studenten wurden älter, die Ansprüche an den Wohnraum stiegen. Zuzügler wurden von dem Angebot an Kultur, Kneipen, Bioläden angelockt. Investoren begannen, Häuser zu sanieren und den gestiegenen Ansprüchen anzupassen. Das Ergebnis ist ein moderner und schöner Stadtteil.
Es ist ein Naturgesetz, daß es auf der Welt keine unbesiedelten Räume gibt – außer, man verhindert Ansiedlung künstlich. Genau das geschieht leider auf dem Brühl-Boulevard in Chemnitz. Der könnte ähnlich dastehen wie der Prenzlauer Berg, leidet aber unter Planeritis. Weitere Ursache ist, daß der jetzige PRO-CHEMNITZ-Vorsitzende Reinhold Breede (damals CDU und Parlamentspräsident), sich Anfang der 90ger nicht mit dem Vorschlag durchsetzen konnte, den städtischen Großvermieter GGG in stadtteilbezogen Teilunternehmen zu zerschlagen. Eine GGG-Zentrum-Schloß hätte den Brühl wohl nicht so verkommen lassen können.
Für die große stadtweite GGG ist der Brühl dagegen ein nutzloses Anhängsel. Mieter werden nicht mit günstigen Angeboten gelockt, sondern abgewiesen. Beispiele sind bekannt, bei denen sich interessierte Mieter von Seiten der GGG anhören mußten:
“Dort vermieten wir derzeit nicht.
- Warum?
- Die Häuser sind in keinem guten Zustand.
- Für wenig Geld würde ich trotzdem eine Wohnung mieten!
- Nein, wir vermieten dort nicht.”
Vermietete Häuser wurden sogar gezielt leergezogen. Und gammeln jetzt vor sich hin.
Man muß kein Prophet sein: Die millionenschwere Planwirtschaft wird den Brühl nicht beleben. Es werden einige absahnen, und der Brühl entwickelt sich kaum.
Übrigens: Die GGG hat jetzt dort ein Haus saniert und bietet Studentenzimmer an. 15 m² für 190 € warm. Das sind 12,67 € pro Quadratmeter — einsamer Rekord in Chemnitz. Wie treibt man bloß den DDR-Funktionären die Planwirtschaft aus?