Es war am 29.04.2009: eine der turbulentesten Stadtratssitzungen, die Chemnitz je erlebt hat. Nach der politisch motivierten Übermalung des Wandbildes von Banjamin Jahn Zschocke, welche OB Barbara Ludwig (SPD) und Schul-Bürgermeister Berthold Brehm (CDU) zu verantworten hatten, regnete es heftige Kritik.
PRO-CHEMNITZ-Fraktionschef Martin Kohlmann bezeichnete in seiner Rede Brehm als Bilderstürmer und, in Anspielung an die Kunstzerstörungsaktion in Afghanistan, als Kultur-Taliban. Als dann der SED-Linke-Fraktionsvorsitzende Gintschel PRO CHEMNITZ in Bezug auf die Kunstzerstörung in die Ecke des Nationalsozialismus rücken wollte, entgegnete Kohlmann schlagfertig: „Der Nazi sind doch Sie!“
Die getroffenen Hunde bellten: Beide Herren erstatten Strafanzeige. Und natürlich hatte die SED-belastete Staatsanwaltschaft Chemnitz, die es immer brav unter den Tisch fallen läßt, wenn Pro-Chemnitz-Politiker verleumdet und angegriffen werden, eine Anklage daraus gebastelt.
Ergebnis: Wegen der Äußerungen wurde Kohlmann vom Amtsgericht Chemnitz freigesprochen. „Wer austeilt, muß auch einstecken können“, erklärte Richter Schüler, und es war klar, wen er dabei im Blick hatte.
Das Urteil deckt sich mit der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes, wonach im politischen Meinungsstreit eine Aussage dann nicht strafbar ist, wenn die Auseinandersetzung in der Sache im Vordergrund steht und nicht die persönliche Schmähung des Angesprochenen.
Weil Martin Kohlmann jedoch dem Rausschmiß durch Barbara Ludwig nicht nachkam, sondern sich erst von der Polizei heraustragen ließ, wurde er wegen Hausfriedensbruchs verurteilt. Das ist zumindest verwunderlich, da das Verwaltungsgericht sich bereits dahingehend positionierte, daß der Sitzungsausschluß mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig war.
Aber so ist das im Rechtsstaat zum Glück: Da können Gerichte auch mal unterschiedlicher Meinung sein. Ob die Meinung eines weiteren Gerichts eingeholt werden soll, ließ Kohlmann noch offen. Er hat nun eine Woche Zeit, gegen das Urteil Berufung zum Landgericht einzulegen.