Die “Handelsorganisation Kultur” als Verband der sog. freien Kulturszene hat uns nach unseren Ansichten zu ihren Problemen gefragt. Wir haben geantwortet. Was, lesen Sie hier:
1. Was verstehen Sie unter „Freier Kultur“ und welche Bedeutung hat diese, ihrer Ansicht nach, in einer Kommune?
Kohlmann: Freie Kultur ist für mich Kultur, die sich unabhängig von staatlichen Strukturen organisiert und auch (weitgehend) finanziert – und mir daher recht sympathisch. Blöd finde ich nur, wenn andere (Steuerzahler) die Freiheit bezahlen sollen.
2. Wie hoch ist der Anteil der freien Kulturförderung am gesamten Kulturhaushalt der Stadt Chemnitz? Finden Sie es notwendig, dass dieser Anteil erhöht wird?
Kohlmann: Den genauen Anteil kenne ich nicht. Er dürfte jedoch ziemlich niedrig liegen. Will man ihn erhöhen, muß man anderswo sparen, und zwar vorzugsweise im gleichen Etatbereich. Eine alte Forderung von PRO CHEMNITZ ist es, die Förderung von Kultur für wenige deutlich zu senken. Vor allem beim Museum Gunzenhauser und dem städtischen Theater sehen wir beträchtlichen Einsparbedarf. Ein Teil der eingesparten Gelder kann der sog. freien Kultur zufließen.
3. In den nächsten Jahren könnten weitere Konsolidierungsmaßnahmen notwendig werden. Welche Bereiche der Kultur sind in Ihren Augen unverzichtbar?
Kohlmann: Fragen wir lieber, welche verzichtbar sind: Alle, welche lediglich den Interessen eines sehr geringen Teiles der Bevölkerung entsprechen und dafür unverhältnismäßig hohe Finanzbeträge vom Steuerzahler erhalten.
4. In den Kultureinrichtungen stieg in den letzten Jahren für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter_Innen zunehmend der bürokratische Anteil auf Kosten der Kulturarbeit. Wie würden Sie diesen Vorgang umkehren?
Kohlmann: Das muß man sicher im Einzelfall betrachten. Generell rennen Sie bei mir mit der Forderung nach weniger staatlicher Gängelung offene Türen ein.
5. Die Stadt Chemnitz hat seit dem Auslaufen Ende 2012 keinen Kulturentwicklungsplan mehr. Derzeit ist ein neues Papier in Arbeit. Wie würde Ihr persönlicher Kulturentwicklungsplan aussehen?
Kohlmann: Meiner Ansicht nach muß Kultur nicht von oben entwickelt werden.
6. Welche qualitativen Maßstäbe setzen Sie an kulturelle Veranstaltungen?
Kohlmann: Das hängt von der Art der Veranstaltung ab und kann sehr variieren. Das Preis-Leistungs-Verhältnis muß stimmen. In der Oper stimmt es beispielsweise nicht: Dort zahle ich für hohe Qualität niedrige Preise. Den Rest schießt der Steuerzahler gezwungenermaßen zu. Das ist nicht fair.
7. Um auf einem qualitativ hochwertigen Niveau arbeiten zu können, ist es notwendig, eine ausreichende Infrastruktur (Technik,…) zu besitzen aber auch zu erneuern. Wie können Vereine, die Häuser unterhalten, Rücklagen aufbringen, aus denen Sie diese Investitionen tätigen können? Wie können strukturelle Strategien dafür aussehen?
Kohlmann: Die gemeinsame Nutzung von technischen Anlagen ist sicher ein Weg, die Suche nach Sponsoren ein weiterer. Selbst dritt- und noch niedrigerklassige Sportvereine (und das nicht einmal nur im Fußball!) finden Sponsoren für ihren teilweise ebenfalls teuren Betrieb, warum sollte das in der Kultur nicht möglich sein? Warum soll immer der Steuerzahler sponsern?
8. Wie wollen Sie durch Ihr Amt der freien Kultur erhöhte Aufmerksamkeit in der öffentlichen Wahrnehmung verschaffen?
Kohlmann: Will ich gar nicht. Die freie Kultur muß sich selbst ihr Publikum erschließen.
9. Halten sie es für sinnvoll, Kulturvereine mit längerfristigen, mehrjährigen (Fördermittel-) Zusagen und Verträgen auszustatten?
Kohlmann: Wenn diese mit konkreten mehrjährigen Projekten zusammenhängen, ja.
10. Angenommen, die 5% für die freie Kultur werden umgesetzt. Aus welchen Quellen sollten sich diese finanzieren: Aus zusätzlich bereitgestellten Mitteln oder aus den Töpfen der großen städtischen Kultureinrichtungen? Warum?
Kohlmann: Aus den Töpfen der großen Einrichtungen. Dort ist genug Einsparpotential vorhanden.
11. Wie wollen Sie der zunehmenden Belästigung durch Lärmklagen entgegen wirken?
Kohlmann: Ich gar nicht. Die betroffenen Einrichtungen sollten es durch besseren Lärmschutz oder Verlegung an weniger lärmsensible Orte.