Am 15.07.2020 trug unser Stadtrat Reiner Drechsel, stellvertretender Vorsitzender der Ratsfaktion Pro Chemnitz und unser Fachmann für Bauangelegenheiten, die nachfolgende Fraktionserklärung aus aktuellem Anlass vor.
Zu Beginn der Fraktionserklärung hatte er eine schwarz-rot-goldene Mund- und Nasenschutz-maske aufgesetzt, die er nach wenigen Worten wieder abnahm.
Den vorbereiteten, in Klammer gesetzten Text hat er aus Zeitgründen nicht vorgetragen.
Nach 3 Minuten Redezeit wurde er von der Frau Oberbürgermeisterin aufgefordert die Rede zu beenden, da die Redezeit beendet wäre.
Nachfolgend ist der gesamte vorbereitete Text angegeben. Der Abbruchzeitpunkt ist markiert.
(zur Aufzeichnung der Stadtratssitzung vom 15.07.: https://www.chemnitz.de/chemnitz/de/rathaus/stadtrat/uebertragung-stadtratssitzung/index.html — Redebeitrag von Stadtrat Reiner Drechsel beginnt ab Minute 14:58)
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrte Damen und Herren,
ich nehme den Maulkorb doch lieber wieder ab.
Ohne ihn kann man besser reden und auch die Brille beschlägt nicht.
(Und dann sagen ja auch viele medizinische, wissenschaftliche Autoritäten und Fachärzte, wie Prof. Bhagdi, der 22 Jahre lang das Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene an der Johannes-Gutenberg-Universität leitete und in der Patientenversorgung, Forschung und Lehre tätig war, außer den regierungsamtlichen, dass die Maulkörbe nichts nützen und wegen der Wiedereinatmung von CO2 sogar schädlich sind…)
Nachfolgend möchte ich, da der Baubeschluss zur „Dreizügigen Oberschule Vetterstraße 34“ am 24.06.2020 fehlerhaft zustande gekommen ist, dazu Stellung nehmen.
Nach Anlage 3.1, Seite 1 betragen die Baukosten 33.5 Millionen Euro.
Nach Anlage 3.4, Seite 1 beträgt die Bruttogeschoßfläche (BGF) 3.490,54 m².
Damit würden die Baukosten 9.604 € pro m2 betragen.
Die Beschlussvorlage wies viele Fehler und Unregelmäßigkeiten auf.
Deshalb fordern wir, dass der Stadtratsbeschluss aufgehoben wird.
In der 18-minütigem Debatte hat der Baubürgermeister Herr Stötzer mehrfach grob fehlerhafte Behauptungen aufgestellt.
So hat er zum Beispiel als Antwort auf den Diskussionsbeitrag unseres Fraktionsvorsitzenden Martin Kohlmann ohne jeden Nachweis behauptet, die Baukosten würden 2.650 € pro m2 betragen, wie das sein Fraktionskollege – er meinte damit offensichtlich mich — in mehreren vorherigen Stadtratssitzungen gefordert hätte.
Diese Behauptung war nicht zutreffend.
Gestern Vormittag hat Herr Stötzer unseren Geschäftsführer angerufen und ihm mitgeteilt, daß ihm in der Vorlage Fehler unterlaufen seien.
Die würde er in der heutigen Sitzung berichtigen.
Nachfolgend werde ich einige Unregelmäßigkeiten nennen:
1. Zu den Baukosten
Die Neubauschulen, die in den letzten Jahren in Deutschland gebaut wurden, sind hinsichtlich der konzeptionellen Anforderungen weitestgehend gleichartig.
Bei der Ermittlung der Baukosten muss von einem qualitativ hochwertigen und guten Bauwerksentwurf ausgegangen werden.
Die wichtigsten Kennzahlen, die dabei zu berücksichtigen sind, sind die Schülerzahl, die Anzahl der Klassenräume und die Bruttogeschossfläche.
Zu der Schülerzahl findet sich in der Vorlage kein einziger Hinweis!
Wir haben ermittelt, dass die Schule für etwa 500 Schüler ausgelegt ist.
Das für Deutschland maßgebende Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern, BKI Stuttgart, hat die Baukosten von etwa 60 in den letzten Jahren gebauten, vergleichbaren Schulen ausgewertet und den Architekten und Behörden zur Verfügung gestellt.
Nach diesen Vergleichsunterlagen dürfte der Neubau der Oberschule Vettersstraße etwa 6 bis 8 Millionen Euro kosten.
Für die Tatsache, dass die Stadt Chemnitz für diese Schule Baukosten in Höhe von 33,5 Millionen Euro plant und damit über 20 Millionen Euro zum Fenster hinauswirft, könnte ich auch die Ursachen nennen.
Aber das ist in der kurzen Redezeit, die mir zur Verfügung steht, nicht möglich.
Was könnte man mit diesen 20 Millionen Euro alles machen?
Zum Beispiel könnte man das Sommerbad Erfenschlag instand setzen, wofür wir, damit der Badebetrieb fortgesetzt werden kann, 300 Tausend Euro veranschlagt hatten.
Die Stadt schiebt das Vorhaben auf die lange Bank, obwohl sie im Dezember 2019 zugesagt hatte, dass im I. Quartal 2020 eine Grobkonzeption für einen Ersatzneubau vorliegt.
Nach 3 Minuten Redezeit wurde Reiner Drechsel von der Frau Oberbürgermeisterin aufgefordert die Rede zu beenden, da die Redezeit beendet wäre.
Den vorbereiteten, nachfolgenden Text konnte er deshalb nicht mehr vorgetragen:
Man könnte das Geld auch für die Herstellung der dringend benötigten Verkehrsverbindung Erzberger Straße zwischen Kaßberg und Altendorf verwenden, deren Baukosten wir mit etwa 1 Million Euro veranschlagen.
2. Zur konzeptionellen Planung
Die konzeptionelle Planung der neuen Schule ist nach meiner Überzeugung mangelhaft.
Das zeigt u.a. der Lageplan der alten Schule, Anlage 3.1, Seite 2:
Vom Grundstück der alten Theodor-Neubauer-Schule wird nur die Hälfte für den Neubau genutzt.
Die andere Hälfte, über 12.000 m² groß, auf der sich der Schulsportplatz und das 700 m² große Mensagebäude befanden, wurde von der Stadt aufgegeben und einer anderen Verwendung zugeführt.
Der Erläuterungsbericht der neuen Schule weist aus, dass diese Fläche für die neue Schule nicht benötigt wird.
Das etwa 3.600 m² große Gelände der ehemaligen Mensa hat die Stadt dem linken Jugendklub „Subbotnik e.V.“ übergeben, der am Eingang eine etwa 3 m² große Aufschrift „Kantine Luxemburg“ angebracht hat.
Als Reaktion auf den Änderungsantrag der AfD, im Schulgelände statt 4 doch 15 Pkw- Parkplätze zur vorrangigen Vermietung an Lehrkräfte vorzusehen, hat Herr Stötzer geantwortet:
„Das Thema Pkw-Parkplätze ist ideologisch.
Ich stelle die Fläche lieber den Kindern für eine große Außenanlage zur Verfügung als für Pkw-Parkplätze.“
Dabei ignoriert er den § 49 der Sächsischen Bauordnung, der festlegt, dass bauliche Anlagen nur errichtet werden dürfen, wenn Stellplätze oder Garagen in ausreichender Größe sowie geeigneter Beschaffenheit hergestellt werden.
Es ist schon sehr merkwürdig, dass er zugelassen oder selbst beantragt hat, dass das halbe ursprünglich vorhandene Schulgrundstück aufgegeben und einer anderen Verwendung zugeführt wird.
Und dass er gleichzeitig die gesetzlichen Regelungen missachtet.
Darf er das? Ich meine: Nein.
3. Zur Vertragsgestaltung für die Planung und Bauausführung.
Bauherr und Auftraggeber für das Vorhaben ist die Stadt Chemnitz.
Man darf sicher annehmen, dass das für Bauaufgaben zuständige Amt für „Baumanagement und Hochbau“ ursprünglich mit der Wahrnehmung der Bauherrenaufgaben (Auftragserteilung für die Planung und Wahrnehmung der Bauüberwachung) beauftragt wurde.
Das Amt beschäftigt 270 Mitarbeiter, die monatlich etwa 800.000 Euro Gehalt erhalten (270 Mitarbeiter x 3.000 Euro/pro Mitarbeiter = 810.000 €).
In Auswertung der Vorlage konnten wir jedoch feststellen, daß die Bauherrenaufgaben nicht das städtische Hochbauamt erledigen soll, sondern dass dies der Grundstücks- und Gebäudewirtschaftsgesellschaft (GGG) übertragen wurde.
Die GGG ist eine Tochtergesellschaft der Stadt Chemnitz.
Da auch die GGG nicht in der Lage war, die Bauherrenaufgaben zu übernehmen, wurde dafür 2019 eine Tochtergesellschaft der GGG, die Kommunalbau Chemnitz GmbH gegründet.
Die Kommunalbau Chemnitz GmbH besteht aus 2 Geschäftsführern und 5 Mitarbeitern.
Der Baubürgermeister Stötzer ist als Aufsichtsrat sowohl in der GGG als auch in der Kommunalbau GmbH tätig.
Das wundert uns.
Kann man damit einen Teil der hohen Baukosten erklären?