Nach fast vierstündiger Stadtratssitzung wurde am 22.01.2014 über die unverhältnismäßig teure Zukunft des Chemnitzer Theaters entschieden.
Zunächst hatte man den Eindruck, man sei auf einer Mitgliederversammlung von PRO CHEMNITZ und nicht im Stadtrat. Die Mittel für das Theater lägen an einer „Obergrenze, die wir uns schon jetzt nicht leisten können“, meinte Tino Fritzsche (CDU). Es sei ein „Skandal, daß wir es haben durchgehen lassen, daß jahrelang nichts vorgelegt worden ist“, meinte Wolfgang Kraneiß (SPD). Detlef Müller, ebenfalls SPD, meinte, wenn beim Sport gespart werde, könne das Theater nicht immer mehr bekommen (ein Vergleich, der, wenn er von uns kam, immer als „Populismus“ abgetan wurde). Wolfgang Meyer (FDP) setzte noch eins drauf: „Herr Kohlmann, Sie haben Recht, daß wir am Theater endlich mal was tun müssen!“
Recht hat er, denn PRO CHEMNITZ stand jahrelang allein auf weiter Flur mit der Meinung, daß sich die Stadt in Zeiten knapper Kassen die jährlichen 25 Millionen für´s Theater schlicht nicht mehr leisten kann – zumindest dann nicht, wenn anderswo reichlich gekürzt werden muß und Chemnitz rekordverdächtige Steuersätze aufweist.
Zu dumm: Bisher hatten sowohl CDU als auch SPD, FDP und alle anderen diese Mittel immer breitwillig beschlossen.
Dies sollte sich am 22.01.14 eigentlich ändern, zumindest bei CDU und SPD. Dort hatten sich die Erkenntnisse, die von PRO CHEMNITZ seit Jahren vorgetragen werden, endlich durchgesetzt. Gut so! Allerdings haben nicht alle Stadträte dieser beiden Fraktionen den Bewußtseinswandel zum Positiven mitgemacht, sondern stimmten am Ende doch für höhere Ausgaben für´s Theater.
Ergebnis: Statt der ursprünglichen 25 Millionen Euro jährlich, die zwischenzeitlich auf reichlich 26 Millionen erhöht worden waren, werden es bald 27 Millionen Euro sein — jedes Jahr auf´s Neue! Und dann sprechen diese Leute ernsthaft davon, das Wildgatter zu schließen, um 70.000 € zu sparen. Wegen ähnlicher Summen wurden zwei städtische Saunen geschlossen und bekommen Sportvereine die Zuschüsse gekürzt.
Für die nochmaliger Erhöhung der Theatermittel stimmten die kompletten Fraktionen der Grünen, FDP und Linken sowie mehrere Stadträte von CDU und SPD. Geschlossen dagegen war wiederum ausschließlich PRO CHEMNITZ.
Übrigens: Auch der Vertreter der Volkssolidarität, deren OB-Kandidat dieses Thema PRO CHEMNITZ wegzunehmen versuchte und die Verschwendung immer kritisiert hatte, stimmte für die Mehrausgaben.
Die Rede des PRO-CHEMNITZ-Fraktionsvorsitzenden Martin Kohlmann finden Sie hier:
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
die Zukunft ist bekanntlich noch weit weg. Und deswegen scheint es den meisten hier egal zu sein, daß das Theater in Zukunft noch erheblich mehr kostet als bisher geplant und vorgesehen. Hauptsache dieses Jahr wird der Haushalt nicht über Gebühr belastet.
25 Millionen Euro jährlich war lange Zeit die Obergrenze. Daraus wurden ohne große Diskussion 26 Millionen.
Es gibt einen Spruch: „Vera… kann ich mich selbst“. Doch dieser Spruch ist falsch, denn es ist ja tatsächlich relativ schwierig, sich selbst zu veräppeln. Hier ist es jedoch gelungen: Auch die genannten Zahlen setzen voraus, daß alle, die hier zustimmen wollen, die Augen vor der Realität fest verschließen.
Die Instandhaltung von Gebäuden und Technik des Theaters war nämlich in den 25 Millionen eigentlich enthalten. Tatsächlich geschah diesbezüglich in den letzten Jahren nichts. Jetzt stehen teure Reparaturen an, welche wohl zusätzliches Steuergeld verschlingen werden. Wenn nämlich der TÜV jetzt Reparaturen zur Voraussetzung macht, um Schauspielhaus oder Oper weiter zu nutzen, wird es ganz schnell ganz teuer. Schlimmstenfalls muß ein Gebäude aufgrund technischer Mängel geschlossen werden. Dann haben wir hochbezahlte Musiker und Schauspieler, aber keinen Auftrittsort mehr!
Diese unglaublich verantwortungslose Anleihe an die Zukunft ist mit uns nicht zu machen!
Wenn die Top-Verdiener unter allen öffentlichen Bediensteten dieser Stadt auch nach monatelanger Hinhaltetaktik nicht zu einem vernünftigen Kompromiß in der Lage sind, sollte es nicht die Stadt sein, die einknickt. Ein Weiter-So geht nicht!
Eine Ablehnung der Vorlage würde den Weg freimachen für eine geordnete Insolvenz des Theaters und einer Weiterführung in einem Umfang, den sich unsere Stadt tatsächlich leisten kann. Es geht hier die Irrlehre herum, eine Insolvenz würde bedeuten, daß keine Stücke mehr gespielt würden. Doch das stimmt nicht! Insolvenz bedeutet unter anderem, daß teure Verträge gekündigt werden dürfen und es im abgespeckten Rahmen weitergeht.
Daß der Vorhang eines Tages unten bleibt, das wollen nicht wir, sondern das riskieren diejenigen, welche sich weigern, einzusparen und überfällige Umstrukturierungen am Theater endlich durchzusetzen.
Vielen Dank.