Jahrelang lebte die Stadt Chemnitz über ihre Verhältnisse. Nicht nur leicht, sondern deutlich. Es wurde mit dem Gunzenhauser ein Museum errichtet, das kaum ein Chemnitzer besucht und das uns trotzdem jedes Jahr Millionen kostet. Ein Parteifreund von OB Ludwig stellte einen unnützen Großbau an den Düsseldorfer Platz (großenteils von der Stadt bezahlt), den wir nicht brauchen – leere und deutlich günstigere Büroflächen gibt es im Zentrum zuhauf. Und dann beschließt der Stadtrat erst kürzlich – die prekäre Finanzlage schon klar vor Augen – den Bau einer absolut nicht zeitgemäßen Körperbehindertenschule für 20 Millionen Euro. Die Folge dieser Politik: Die Stadt ist finanziell am Boden.
Der zweite Teil des Entwicklungs- und Konsolidierungskonzeptes (EKKO II) war notwendig geworden, nachdem der Haushalt für 2012 nicht genehmigungsfähig war. Die Landesdirektion, welche die Aufsicht über die Finanzen der Stadt führt, stellte fest, daß “die dauernde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Stadt nicht mehr als gegeben angesehen werden kann.” Auf Deutsch: Die Pleite droht.
Doch bei dieser allgemeinen Feststellung beließen es die Finanzexperten des Freistaates nicht, sie stellten auch fest, wo genau Chemnitz über seine Verhältnisse lebt. Es hört sich an wie aus einer Wahl-Zeitung von PRO CHEMNITZ, stammt aber von der Landesdirektion: “Vor diesem Hintergrund übersteigen die derzeit aus dem städtischen Haushalt an die Städtische Theater Chemnitz gGmbH und den Eigenbetrieb ‚Das Tietz’ fließenden Zuschüsse das derzeitige wirtschaftliche Leistungsvermögen in beträchtlichem Maße. Dies kann sich die Stadt […] nicht länger leisten.”
Doch genau diese beiden heiligen Kühe tastete die Verwaltung samt Stadtratsmehrheit in der Sondersitzung am 2. Juli nicht an. Stattdessen wollte man lieber Steuern erhöhen, mehr Blitzer aufstellen und bei Kindergärten und Bädern sparen. Vieles davon wurde von der Stadtratsmehrheit (vor allem von CDU und SPD) beschlossen, glücklicherweise nicht alles.
PRO CHEMNITZ lehnte das EKKO in den allermeisten Punkten ab. “Solange das Theater weiterhin 25 Millionen im Jahr kriegt und den eindeutigen Sparauftrag der Stadt einfach ungestraft ignorieren kann, werden wir diesem Sparkonzept nicht zustimmen, welches vor allem Kürzungen im Sozialbereich und Abzocke der Bürger beinhaltet,” erklärte der Fraktionsvorsitzende Martin Kohlmann.
Auch ein vor allem von der SPD gemaltes Angstszenario konnte PRO CHEMNITZ zu keinem anderen Ergebnis bringen: Die Zwangsverwaltung (Entscheidung über die städtischen Finanzen durch Beauftragte des Freistaates) würde die Stadt keinesfalls in Stillstand und Handlungsunfähigkeit führen, wie gern drohend an die Wand gemalt wird. Sie würde vielmehr endlich einmal alle Lieblingsprojekte auf den Prüfstand stellen, die immense Summen verschlingen, ohne unserer Stadt einen Nutzen zu bringen. Doch dazu wird es vorerst nicht kommen.