Der Ratsfraktion PRO CHEMNITZ liegen aus sicherer Quelle umfangreiche Informationen über einen möglichen Millionenbetrug gegenüber der Stadt durch die Betreiber der kommunalen Asylunterkünfte Straßburger Straße 3 sowie Annaberger Straße 231 vor.
Laut Ratsanfrage RA-346/2017 entstanden der Stadt für die Unterkunft Annaberger Straße 231 für das erste halbe Jahr 2017 Kosten in Höhe von 469.282 Euro. Im selben Zeitraum kostete die Betreibung der Unterkunft Straßburger Straße 3 628.546 Euro. Rechnet man diese Summe auf vier Jahre Vertragslaufzeit hoch, kostet die Betreibung der
• Straßburger Straße 3 mindestens 5.028.368 Euro, sowie die Betreibung der
• Annaberger Straße 231 mindestens 3.754.256 Euro.
Auffällig ist zunächst, daß in beiden Unterkünften jeweils 92 Asylbewerber untergebracht sind. Dennoch kostet die Straßburger Straße die Stadt für den gleichen Zeitraum rund 2 Mio. mehr.
Die Betreiberfirma und deren Vorgängerin betreiben für die Stadt Chemnitz seit den frühen Neunzigern die Asylunterkunft Chemnitztalstraße 34–36. Dort kostet die Unterbringung von 102 Asylbewerbern jährlich nur rund 515.818 Euro (siehe RA-346/2017). Im Herbst 2015 erhielt die Firma von der Stadt den Auftrag die kommunalen Asylunterkünfte Straßburger Straße 3 sowie Annaberger Straße 231 baulich vorzubereiten, in Betrieb zu nehmen und dauerhaft zu betreiben. Es wurden zwei Verträge für eine Laufzeit von 2015 bis 2017 geschlossen, zunächst mit jeweils einer Verlängerungsoption bis 2019. Beide Verträge wurden im September 2017 nach unserem Kenntnisstand bereits verlängert. Das Betreiberkonzept für beide Unterkünfte wurde von den Geschäftsführern der Betreiberfirma selbst ausgearbeitet. Die Stadt Chemnitz hat nur noch unterschrieben und den Zuschlag erteilt.
In diesem Betreiberkonzept ist eine pauschale Zahlung der Stadt je Asylbewerber kalkuliert, sowie beispielsweise Kosten für die Reinigung der Gemeinschaftsräume, Küchen, Toiletten, Waschräume, Flure und Treppenhäuser sowie für die Instandhaltung. In Wirklichkeit aber sollen sämtliche Reinigungsarbeiten, einschließlich der Müllberäumung seit Belegungsbeginn im Wohnheim Annaberger Straße 231 ausschließlich durch im Heim lebende Asylbewerber in Schwarzarbeit erledigt worden sein.
Es gibt in der Annaberger Straße keine Angestellten oder keine Fremdfirmen, die diese Arbeiten erledigen. Ein Hausmeister steht dort nur dienstags und donnerstags für die notwenigsten Reparaturarbeiten, nicht allerdings für regelmäßige Reinigungsarbeiten zur Verfügung. Vermutlich werden dadurch nicht nur dem Arbeitsmarkt erhebliche Ressourcen entzogen (die jährlich gesparten Kosten betragen rund 30.000 Euro), sondern es werden regelmäßig und fortlaufend weitere Verstöße gegen das Sozialversicherungsrecht, das Mindestlohngesetz etc. begangen.
Zur Legalisierung dieser Schwarzarbeit soll von den Betreibern die Gründung eines gemeinnützigen Vereins vorbereitet worden sein. Für diese Schwarzarbeiten werden den Asylbewerbern zudem nach Vorbild der gesetzlichen FIM oder AGH-Maßnahmen 0,80 EUR je Arbeitsstunde gezahlt. Solche Maßnahmen sollen weder beantragt noch genehmigt worden sein und sind für diesen Zweck nicht genehmigungsfähig. Die entsprechenden Stundennachweise und Abrechnungslisten sollen gefälscht worden sein.
In den Betreiberkosten sind zudem Abschreibungen für die durch die Betreiberfirma erbrach-ten oder beauftragten baulichen Instandsetzungsmaßnahmen in der Straßburger Straße enthalten. Diese beliefen sich auf rund 150.000 bis 200.000 Euro. Bei einer Abschreibung über vier Jahre, könnten dann nur rund 37.500 bis 50.000 Euro Instandsetzungsaufwendungen abgeschrieben werden. Betrachtet man jedoch die tatsächlichen Zahlungen der Stadt an die Betreiberfirma, lägen die gezahlten Abschreibungen um ein Vielfaches darüber!
Ein dritter Betrugsverdacht liegt beim Thema der tatsächlichen Belegung vor. Nach den PRO CHEMNITZ vorliegenden Angaben sind in der Annaberger Straße 231 dauerhaft jeweils tatsächlich nur 70 bis 80 % der Asylbewerber anwesend. Das bedeutet, daß die Stadt für 20 bis 30 % (die Zahlen schwanken monatlich) der untergebrachten Asylbewerber Zahlungen an die Betreiberfirma leistet, obwohl diese sich dort tatsächlich nie befunden haben sollen. Die Betreiberfirma soll das der Stadt zu keinem Zeitpunkt gemeldet und damit die Zahlungen der Stadt erschlichen haben. Hochgerechnet würde es sich hier um erschlichene Zahlungen von zusätzlich rund 0,5 Mio. Euro pro Jahr handeln.
Eine umfangreiche Strafanzeige wegen des Verdachts auf Betrug, Urkundenfälschung, Unterschlagung, Anordnung von Schwarzarbeit in Tateinheit mit Steuerhinterziehung in mehreren Fällen wurde bei der Staatsanwaltschaft Chemnitz eingereicht. Ferner wurden die zuständigen Ämter der Stadt Chemnitz, die Landesdirektion und der Zoll in Kenntnis gesetzt.
PRO CHEMNITZ-Vorsitzender Martin Kohlmann (40, Rechtsanwalt) sagte dazu: „Wenn sich die uns vorliegenden Daten als wahr herausstellen, woran wir bereits jetzt nicht im Ansatz zweifeln, liegt hier ein wahrscheinlich von der Stadt gedeckter, oder doch zumindest stellschweigend erduldeter Betrug am Steuerzahler in Millionenhöhe vor. PRO CHEMNITZ wird das mit allen Mitteln aufklären und öffentlich machen“.