Es gibt Entscheidungen des Stadtrates, die sind teuer. Aber weil der Zweck so wichtig ist, müssen sie sein. Und dann gibt es solche, die sind teuer, und dabei nicht nur unnütz, sondern sogar schädlich. Eine solcher Entscheidung traf der Stadtrat am 20.06.2012: Der Neubau einer Körperbehindertenschule für insgesamt 36 Millionen Euro, 20 aus der notorisch klammen Stadtkasse.
Nun hat eine Körperbehindertenschule so einen wunderschönen Klang: Unsere Kinder sollten uns das Geld doch wert sein, und behinderte Kinder erst recht. „Wir möchten unseren körperbehinderten Kindern mit dieser Schule ein Stück Himmel auf Erden holen“, träumte ein FDP-Stadtrat pathetisch.
Kein Himmel auf Erden wird das, sondern ein goldener Käfig, weitab der Realität, meint dagegen PRO-CHEMNITZ-Stadtrat Martin Kohlmann: „Ich habe alle Körperbehinderten in meinem Bekanntenkreis dazu befragt. Alle meinten: Besser sollten die körperbehinderten Kinder gemeinsam mit Nichtbehinderten lernen“, führte er aus. „Im späteren Arbeitsleben müssen sie auch fast nur mit gesunden Kollegen zusammenarbeiten.“
Im Idealfall ist das so, nämlich dann, wenn die Schulen die Kinder darauf vorbereiten. „Der Weg aus reinen Körperbehindertenschulen führt dagegen viel zu oft direkt in irgendwelche geschützten, geförderten Arbeitsverhältnisse das ist das falsche Ergebnis!“, so Kohlmann weiter.
Nicht nur die Behinderten profitieren vom gemeinsamen Unterricht mit gesunden Kindern. Auch für die Gesunden ist es doch eine wichtige Erfahrung, daß der Klassenkamerad im Rollstuhl zwar beim Sport wenig mitmachen kann und bei der Fortbewegung mitunter Hilfe braucht, in Chemie, Physik oder Englisch dagegen ein helles Köpfchen ist. Kohlmann: „Verständnis und Mitgefühl sind dem Menschen nicht angeboren die müssen ihm beigebracht werden. Auch in der Schule.“
Übrigens: Die Bundesregierung und sogar die UNO fordern, daß körperbehinderte und gesunde Kinder gemeinsam lernen sollen, auch SPD-Politiker in Chemnitz und bundesweit reden sonst gern von „Inklusion der Menschen mit Behinderung“. Der Stadtrat der Stadt der Moderne sah das mit den Stimmen aller anderen Fraktionen anders. Körperbehinderte Schüler bleiben in Chemnitz auch weiter unter sich. Und die Stadt gibt dafür in Zeiten leerer Kassen 20 Millionen aus, anstatt für einen Teil des Geldes zwei bis drei bestehende Schulen behindertengerecht umzubauen.